samedi 24 juillet 2010

Die Hypothek des Eigentums


Kredit aufzunehmen ist einfach und überbrückt viele unangenehme Engpässe. Noch angenehmer wird es - den Homo oeconomicus vorausgesetzt - , wenn die gemachten Schulden nicht selbst bezahlt werden müssen, sondern von zukünftigen Generationen.

Obwohl sich viele Staaten heute hoch verschulden, bietet sich in den Schweizer Gemeinden ein ganz anderes Bild. Denn in Schweizer Gemeinden herrscht im allgemeinen eine tiefe Schuldlast. Kann man also behaupten, Schweizer seien moralischer und verantwortungsbewusster ihren Kindern gegenüber? Ganz so einfach ist es wohl nicht. Denn, wie erklären wir die tiefe Schuldenlast mit dem Wissen, dass viele Bürger heute gar keine Kinder mehr haben und, wenn sie welche haben, diese später selten im gleichen Ort wohen, wie ihre Eltern, also nicht deren Schulden begleichen? Das Argument der Moral ist nur begrenzt anwendbar. Lässt sich das Phänomen der tiefen Gemeinde­verschuldung also anders erklären?

Eichenberger und Stadelmann haben das Phänomen der tiefen Gemeinde­verschul-dung in der Schweiz aus oekonomischer Sicht betrachtet. Sie stellten dabei eine negative Korrelation zwischen Hauseigentum und Gemeindeschulden fest: 1% mehr Hauseigentümer bewirkt 1.1% weniger Schulden. Die Erklärung von Eichenberger und Stadelmann für dieses Phänomen ist kurz und prägnant, und darum umso durchschlagender: Schulden kapitalisieren in Hauspreise. Die Kapitalisierung der Schulden in einer Gemeinde in die Preise standardisierter Häuser beträgt in ihrer Untersuchung im Kanton Zürich zwischen 80% und 120%. Die Hauseigentümer sind also sehr interessiert an einer tiefen Schuldenlast. So ist es nur verständlich, dass sie sich in ihrer Gemeinde politisch dafür einsetzen.

Die Mieter hingegen, so postuliert es die Studie, setzen sich politisch gerade in umgekehrter Richtung für mehr Schulden ein. Denn die Mieter profitieren ohne imminenten Nachteil von den Krediten, welche die Gemeinden aufnehmen, sind also dafür. Dieser Umstand führt gemäss der Studie zu fundamentalen Interessensgegensätzen auf politischer Ebene zwischen Hauseigentümern und Mietern.

Für diese Untersuchung wurde der Kanton Zürich gewählt, da in diesem Kanton eine relativ gute Datenlage über die Liegenschaften in den Gemeinden vorherrscht. Zudem können die Gemeinden eine relativ freie Fiskalpolitik verfolgen und der Kanton tätigt keine „bail outs“, und wenn, dann nur partiell. Das Angebot von Land ist unelastisch und - ein wichtiger Punkt - es herrscht gute Mobilität zwischen den Gemeinden. Ohne diese Voraussetzung, wie es zum Beispiel in grossen Staaten mit hoher Sprachbarriere nach aussen der Fall ist, wird die Kapitalisierung schwächer und die Verschuldung höher. Die letzte Aussage ist eine noch nicht untersuchte These, leuchtet aber vorab intuitiv ein.

Ein weiterer interessanter Punkt, der zu untersuchen wäre, ist der Einfluss der Rate von Hauseigentümern, die nicht in der selben Gemeinde wohnen, auf die Verschuldung. Denn diese Hauseigentümer haben keinen direkten politischen Einfluss auf die Verschuldung der Gemeinde, leiden aber trotzdem unter der Kapitalisierung jener in ihr Eigentum. Das Resultat einer solchen Studie wäre sicherlich vor allem für Gebiete spannend, wo grösstenteils Grosskonzerne Liegenschaften besitzen.

mercredi 21 juillet 2010

Der Einfluss der Bologna-Reform auf die intrinsische Motivation der Studenten

Im Rahmen des Vortrags von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bruno S. Frey über "Motivation und Leistungslöhne" wurde bei der Problematik der Verminderung der intrinsischen Motivation durch Leistungslöhne als Beispiel die Bologna-Reform genannt. Das "Pünktchen-Sammeln" führe dazu, dass Studenten nicht diejenigen Vorlesungen und Kurse besuchen, die sie wirklich interessieren, sondern jene, die bei möglichst geringem Aufwand die meisten Punkte bringen. Anders ausgedrückt: Der Homo Oeconomicus greift hier voll durch. Weshalb soll man mehr Zeit und Aufwand in eine Lektüre investieren, die durch die Universität mit weniger Punkten akkreditiert wird? Natürlich löste dieses Thema eine vertiefte Diskussion aus, die noch sehr lange nach dem Vortrag anhielt.

Eine nicht-repräsentative Umfrage unter den anwesenden Studienstiftlern ergab folgende interessante Ergebnisse:

Frage 1: Alles in allem betrachtet, glauben Sie, dass durch das Bologna-System die intrinsische Motivation zurückgeht?

• 47% glauben, dass die intrinsische Motivation dadurch zurückgegangen ist.
• 47% glauben, dass das Bologna-System keine Auswirkungen auf die Motivation hatte.
• 6% glauben, dass das Bologna-System die intrinsische Motivation sogar steigert.

Besonders interessant war die Tatsache, dass ausschliesslich Naturwissenschaftler, Mediziner und Mathematiker der Meinung waren, mit dem Bologna-System habe sich die intrinsische Motivation nicht verändert. Die Studenten aus den philosophischen und rechtswissenschaftlichen Fakultäten waren dagegen der Meinung, die intrinsische Motivation würde durch Bologna zerstört.
Die Wirtschaftswissenschaftler indessen waren sich nicht einig.

Die Quintessenz der Diskussionen war, dass
1. die meisten Studenten den Anreiz schnell verlieren, zusätzliches zu lernen, wenn es dafür keine Punkte gibt. Jedoch wird das nicht diejenigen betreffen, die sich wirklich für die Thematik interessieren.
2. die Planung der Punkte dadurch sehr wichtig wird, dass Zeit eine knappe Ressource darstellt und durch die falsche Planung der Punkteverteilung 1-2 Jahren verloren gehen können.


Frage 2: Alles in allem betrachtet, finden Sie das Bologna-System gut oder schlecht?

• 33% der Studienstiftler finden das Bologna-System gut.
• 66% der Studienstiftler finden das Bologna-System schlecht.

Positive Aspekte:

+ Erhöhte Vergleichbarkeit zwischen den Universitäten
+ Kein Problem bei Erasmus (Naturwissenschaftler)
+ Unterteilung Bachelor / Master
+ (Theoretisch) erhöhte Mobilität

Negative Aspekte:

- (Praktisch) erschwerte Mobilität durch ECTS-Umsetzung
- Wenig Vernetzung, wenig aufeinander abgestimmte Inhalte
- Breites Verständnis wird nicht geprüft, vielmehr werden Powerpoint-Folien auswendig gelernt
- Problem der Zusammensetzung von Haupt- und Nebenfächern, sodass sich Kurse und Prüfungen z.T. überschneiden!
- Keine wesentlichen Vorteile gegenüber dem früheren System, die Nachteile überwiegen momentan -> schlechte Umsetzung
- Die Vision, dass alle Universitäten das gleiche System haben ist illusorisch, auch weil sich die Universitäten gegenseitig nicht vertrauen, was die Lehre (= ECTS Punkte) angeht.
- Studium wird verlängert
- ECTS sind z.T. willkürlich gesetzt und überhaupt nicht vergleichbar zwischen den Studiengängen

Wiederum waren es vorwiegend Naturwissenschaftler und Mathematiker, die der Meinung waren, das Bologna-System sei gut. Erneut anderer Meinung waren die Studenten aus den philosophischen und rechtswissenschaftlichen Fakultäten und hier auch die Studenten der medizinischen Fakultät.

lundi 12 juillet 2010

Auszeichnungen als Alternative zu Leistungslöhnen

Auszeichnungen sind wie Geld; der einzige Unterschied ist das zusätzliche Zelebrationssbrimborium. - So weit die Vorurteile.


Doch die Wissenschaft will's genauer wissen: Welchen Einfluss haben Auszeichnungen auf die Arbeitsperformance von Angestellten?


Zentral ist, dass Auszeichnungen einen klar anderen Effektcharakter haben als rein monetäre Vergütungen wie etwa bei einem Leistungslohn: Während die direkte Bezahlung von Leistungen gemäss verschiedenen psychologischen Untersuchungen die intrinsische Motivation sinken lässt, steigt der innere Antrieb bei indirekter Leistungsvergütung durch Auszeichnungen.


Eine wissenschaftliche Studie bei einem Schweizer Kreditkarteninstitut zeigt, dass nach dem Erhalt einer Auszeichnung die Arbeitsperformances der Prämierten im nachfolgenden Monat um 6% gestiegen sind. Dieses Ergebnis ist insofern bemerkenswert, da es dem klassischen Bild des homo oeconomicus widerspricht: Die ausgezeichneten Personen steigern ihr Engagement, obwohl sie bereits "bezahlt" wurden. Der Widerspruch zum klassischen ökonomischen Ansatz wird durch die Tatsache verstärkt, dass der monetäre Wert der "Bezahlung" sehr gering ist.


Eine weitere interessante Erkenntnis ist das Nicht-Eintreten des gegenteiligen Effekts: Diejenigen Personen, die keine Auszeichnung erhielten, haben im nachfolgenden Monat ihre Arbeitsperformance nicht gesenkt. Die Ergebnisse dieser Studie sind insbesondere für die Diskussion um Leistungslöhne wichtig. Durch das Remplacement von Leistungslöhnen durch ein Auszeichnungssystem kann die durch extrinsische Anreize getriebene Eigennutzorientierung eingedämmt werden.



Politische Gemeinde ≠ Schulgemeinde ≠ Abwasser-“Gemeinde” ≠ Polizeireviergrösse

FOCJ (Functional overlapping competing jurisdictions) stehen für die Idee, dass verschiedene funktionale Aufgaben unterschiedliche optimale geographische Größen haben, dass Konkurrenz in diesen traditionell monopolistischen Dienstleistungsbereichen die Effizienz der Anbieter steigern würde und dass des Bürgers Wahl- und Stimmrecht in einer funktionalen Einheit dazu führt, dass Konsumentenwünsche stärker berücksichtigt werden.

Das Problem ist, dass der heutige Föderalismus nicht weit genug geht: Die föderale Aufteilung der Aufgaben deckt sich häufig nicht mit der Geographie (Gemeinden, Kantonen), und dies resultiert in wohlbekannten Problemen. So ist es ganz offensichtlich weder sinnvoll, dass jedes Kantonsspital in der Herzchirurgie Spitzenmedizin betreibt, weder dass Schulgemeinden kantonal geschlossen sind, so dass Zürcher Jugendliche, die an der Grenze zum Kanton Schwyz wohnhaft sind, die Gymnasien in Schwyz nicht besuchen können, die sehr viel näher liegen. Anstatt die Funktionen einem der politischen Niveaus Bund, Kanton oder Gemeinde zuzuweisen, soll die Flexibilität der geographischen Größe für jede einzelne Funktion erhöht werden und somit anstatt eine stufenförmige Hierarchie, eine kontinuierliche Organisation der Geographie der Funktionen gemäss geschaffen werden. Es ist ökonomisch sinnvoll, dass jede Funktion ihre effiziente Größe findet, wovon alle Konsumenten monetär profitieren. Eine Gemeinde kann sich für einen bestimmten Wasser-, Elektrizitäts- etc. Anbieter entscheiden. Konkurrenz entsteht, so dass das Dienstleistungsangebot zusätzlich zur effizienteren Organisationsgrösse noch effizienter wird. Diese Funktionseinheiten beschränken sich jedoch nicht nur auf die Administration, sondern haben auch die Möglichkeit, Steuern zu erheben, entsprechend den Kosten ihrer Dienstleistung. Im Gegenzug sind sie dann aber auch demokratischer Kontrolle unterworfen, und werden sinnvollerweise von einer Rechnungsprüfungskommission überwacht.

Dieser ungewöhnliche Vorschlag ist interessanterweise alles andere als weltfremd sondern ist bereits in der schweizerischen politischen Landschaft umgesetzt: So entsprechen unter anderem im Thurgau die Friedhofs- und Schulgemeinden nicht den politischen Gemeinden und die Zürcher Stadtpolizei ist auch in Winterthur mit ihrem Fachwissen für gewisse Aufgaben gefragt. Nun wird aber der aktuelle Trend zur Gemeindefusion nach dem Motto „Big is Great“ oft ebenfalls mit Effizienz begründet.

- Ein Paradox? Nein, denn der Effizienzbegriff täuscht. Es steht hier die Verwaltungseffizienz gegen die vielleicht monetär gemessen kurzfristig teurere, aber gesamnutzenmaximierende Alternative, dass die Leistungen den Wünschen besser entsprechen. Da nun aber die Zahlungsbereitschaft steigt, wenn das Dienstleistungsangebot die Nachfrage besser bedient, ist diese Lösung besser.

- Das ist alles viel zu kompliziert und es besteht ein Informationsproblem? Die Idee der Stimmendelegation an eine Partei oder juristische/natürliche Person für Abstimmungen innerhalb eines Sachgebietes für eine gewisse Dauer könnte hier eine Möglichkeit sein. Ergänzend wäre natürlich die Einführung eines Marktes für Politiker, in dem diese jeweils (etwa nach Abwahl oder Ablauf der Amtszeit, aber auch zur Prestigesteigerung) frei in anderen Regionen (oder FOCJ) kandidieren können.

- Theoretisch klingt es ja gut, aber praktisch? Die Politiker würden an Macht verlieren und haben somit kaum Anreiz FOCJ einzuführen. Die Bürger hätten dann nämlich die Möglichkeit ihre Wünsche einzubringen und würden am Ende erst noch für bessere Leistungen weniger bezahlen. Ein Volksbegehren für die Einführung von FOCJ wäre wohl nötig.

Das Gedankenexperiment ist für mich sehr überzeugend und wäre sicher besser als der Status quo, mit dem wir uns ja zu vergleichen haben. So agiert beispielsweise der Zweckverband ZVV (Zürcher Verkerhrsverbund) praktisch unkontrolliert, da dessen Kontrolle ein öffentliches Gut ist und damit die Kosten für den Einzelnen dramatisch viel höher sind als der Nutzen, den er aus der Kontrolle ziehen könnte. Sobald die Bürger im Detail wissen, wofür sie wie viel Steuern bezahlen und einzelne Kostenpunkte variieren können (Anbieter wechseln) steigen ihre Wahlmöglichkeiten massiv und damit auch das Interesse! Nun bleibt zu hoffen, dass der Vorschlag auch in der Realität so überzeugt, wie theoretisch und in der vehementen Präsentation von Professor Eichenberger. Zudem muss sich jemand finden, der weder Zeit noch Energie scheut, sich für eine solche Reform zu engagieren: bei Politik, Interessensverbänden und vor allem bei den schwer erreichbaren Konsumenten, die am Schluss mehr für weniger bekommen.

10 Gebote für ein glückliches Leben auf dem Planeten „Erden“


Dieses hochgeheime Dokument wurde in einem staubigen Karton gefunden, der in einer Ecke des ZKVAMS (zentrales Körperverleihamt der menschlichen Seelen) lag. Es scheint nur auserwählten Seelen zur Verfügung gestanden zu haben; unklar ist ebenfalls unter welchen Bedingungen man es lesen konnte. Jeder auch noch so kleine Hinweis auf den Autor ist untersagt worden, da es sich nur um mehr oder weniger plausible Hypothesen und Vermutungen handelt, die es sich noch empirisch zu testen gehört. Im Folgenden wird hier erstmalig ein Originalabdruck des Dokumentes veröffentlicht.

10 Gebote für ein glückliches Leben auf dem Planeten „Erden“

1) Einen Körper sollst du wählen, der in einem Land mit hohem Prokopfeinkommen und in einer direkten Demokratie geboren wird. (Besonders eignen sich Dänemark, die Schweiz, aber auch Malta, die alle auf dem Kontinent „Europa“ zu finden sind.)

2) Gesunde, intelligente und glückliche Elterngene sollst du wählen.

3) Viele Freunde sollst du haben, doch dich mit ihnen vergleichen sollst du unterlassen.

4) Vorfreude ist die schönste Freude: heirate nicht – aber plane, es zu tun.

5) Solltest du heiraten, so lasse dich nicht scheiden.

6) Unterlasse es, Kinder zu zeugen.

7) Gut ausbilden lassen sollst du dich, und deine eigene Firma sollst du gründen, denn so solltest du Eingeschränktheit und Arbeitslosigkeit entgehen.

8) Eine kleine Lohnerhöhung sollst du regelmässig planen und dir auch gönnen.

9) Das Beste kommt zuletzt: Geduldig sein sollst du und alt werden.

10) An Gott sollst du glauben – und regelmässig Herrn Prof. Dr. Dr.h.c. mult. Bruno S. Freys Werke aufmerksam lesen.

Viel Glück!

Es scheint nicht unmöglich, dass diese Informationen bestimmten geförderten seelischen Eliten zur Verfügung standen…

Von Ariane

dimanche 11 juillet 2010

Menschliches Verhalten in extremen Situationen: der Untergang der Titanic


In der Ökonomie wird davon ausgegangen, dass das menschliche Verhalten durch Anreize bestimmt wird. Individuen reagieren auf relative Preisänderungen und richten ihre Handlungen an den vorhandenen Restriktionen aus. Doch spielen diese Mechanismen auch in extremen Situationen, in denen sich – so könnte man argumentieren – die „wahre Natur des menschlichen Wesens“ offenbart, eine Rolle?

Diese Frage versuchten Forscher um Bruno S. Frey mit Hilfe einer empirischen Studie zu klären. Dabei sollte mit ökonometrischen Methoden untersucht werden, welche Faktoren einen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit den Untergang eines Schiffes zu überleben haben. Durch die simultane Betrachtung dieser Faktoren kann die Wirkung einer einzelnen Variablen ceteris paribus – d. h. alle anderen Faktoren bleiben konstant – identifiziert werden.

Betrachtet werden die gut dokumentierten Katastrophen an Bord der Titanic (1912) sowie der Lusitania (1915), bei denen jeweils ungefähr zwei Drittel der Passagiere starben. Trotz vieler Ähnlichkeiten zwischen den beiden Unglücken können die Forscher unterschiedliche Einflüsse auf die Wahrscheinlichkeit zu überleben festhalten: Beim Untergang der Titanic haben soziale Normen („Frauen und Kinder zuerst“) sowie der soziale Status der Passagiere eindeutig einen Einfluss. Auch zwischen verschiedenen Nationalitäten werden unterschiedliche Überlebensraten gefunden, wohingegen die physische Kraft keinen Vorteil bringt. Beim Untergang der Lusitania spielen Klassenunterschiede und Geschlecht keine grosse Rolle. Als wichtigster Einfluss auf das Überleben tritt bei dem Unglück klar die physische Kraft hervor, da Menschen im Alter zwischen 16 und 35 Jahren einen eindeutigen Vorteil haben.

Wie können die Forscher diese Resultate erklären? Aus ihrer Sicht spielt die unterschiedliche Zeitrestriktion, welche bei den beiden Unglücken herrschte, die grösste Rolle: Die Titanic sank langsam während 2 h 40 min, wobei lange nicht klar war, ob das Schiff wirklich untergehen würde. Aus diesem Grund brach nicht sofort eine Panik an Bord aus und die sozialen Normen sowie der soziale Status der Passagiere spielten weiterhin eine Rolle. Der Untergang der Lusitania, welche teilweise explodierte, dauerte hingegen nur etwa 18 min. Im ausbrechenden Chaos wurden Normen und Status nicht mehr beachtet und die Menschen kämpften eigennützig um ihr Leben. Die physische Kraft sowie die Fähigkeit zu schwimmen bestimmten die Wahrscheinlichkeit zu überleben. Die Forscher können somit zeigen, dass auch in Krisensituationen das Verhalten der Menschen von den vorhandenen Restriktionen – der Zeit bis zum Untergang – bestimmt wird.

Die Ergebnisse der Studie müssen allerdings kritisch hinterfragt werden: Da bisher nur zwei Katastrophen untersucht und miteinander verglichen wurden, sind die gefundenen Resultate nicht wirklich generalisierbar. Ein weiteres Problem stellt zudem die Möglichkeit dar, dass bei der ökonometrischen Analyse der Katastrophen eine wichtige Variable übersehen und damit nicht isoliert wurde. Dadurch würde die ceteris paribus-Annahme verletzt und es könnte zu starken Verzerrungen der Ergebnisse kommen. Ein zusätzlicher Kritikpunkt besteht darin, dass das Verhalten der Passagiere nur ex post erklärt wird und es möglich wäre andere Erklärungen für die beobachteten Unterschiede anzuführen.

Trotz dieser Kritik hat die Studie auf Grund der neuartigen Idee der Anwendung des ökonomischen Ansatzes zur Erklärung des menschlichen Verhaltens während eines Schiffsunglücks grossen wissenschaftlichen Erfolg. Unbeachtet einiger Mängel bezüglich der wissenschaftlichen Präzision ist die Studie von grosser Relevanz und bietet einen möglichen Anknüpfungspunkt für vertiefte Forschungen.

(Bild: "Lusitania", Quelle: wikipedia.org).

Direkte Demokratie

In einer direkten Demokratie kann das Volk direkt mittels Initiativen und Referenda auf den Gesetzgebungsprozess Einfluss nehmen und somit als Legislative wirken. In einer repräsentativen Demokratie dagegen können nur die gewählten Repräsentanten als Legislative dienen. In einer direkten Demokratie können zusätzlich zu direktdemokratischen Mitteln auch Repräsentanten gewählt werden (z.B. auf Bundesebene in der Schweiz) oder keine Repräsentanten gewählt werden (z.B. auf Gemeindeebene in der Schweiz). Die direkte Demokratie existiert in verschieden starker Ausprägung. So ist es zum Beispiel je nach Kanton in der Schweiz unterschiedlich schwierig, eine Initiative oder ein Referendum einzureichen.

Als Vorteil der direkten Demokratie gilt die Referendumsdrohung, welche die Politiker dazu zwingt, konsensfähige Gesetze zu verabschieden, die dem Volksinteresse nicht diametral zuwider laufen. Andererseits sind so “unpopuläre aber notwendige” Reformen weniger einfach durchzuführen. Dieser Vorteil der repräsentativen Demokratie schwindet aber, wenn man in Betracht zieht, dass auch in einer repräsentativen Demokratie Politiker abgewählt werden, welche dem Volk den Sinn einer notwendigen Reform nicht klar genug darzustellen vermögen.

Die Initiative bietet wenig organisierten und/oder finanziell schwachen Interessensgruppen eine Möglichkeit, sich ausserhalb des Parlamentes in den legislativen Prozess einzubringen. Insbesondere kann die Möglichkeit minimiert werden, dass parlamentarische Lobbygruppen durch Bestechung der wenigen Parlamentarier ein unpopuläres Gesetz festschreiben können. Denn es ist viel schwieriger, mit Geld und schlechten Argumenten das Volk zu überzeugen als einige wenige Parlamentarier.

Ein Volksentscheid ist bindender als ein Wahlversprechen und kann dem betreffenden Gesetz in den Augen der Bürger erhöhte Legitimität verleihen. Deshalb ist es sinnvoll, gewisse Entscheide dem obligatorischen Referendum zu unterstellen - so wird sichergestellt, dass die Politik bei wichtigen Themen den Volkswillen nicht aus den Augen verliert. Wer denkt, dass so die Grundlagen für populistische Politik geschaffen wird und wichtige Entscheide in die Hände von Laien gelegt werden, vergisst, dass auch in repräsentativen Demokratien die Auswahl der Volksvertreter von durch populistische Argumente beeinflussbaren Laien getroffen wird. Auch von einer Entledigung der Verantwortung durch die Politiker kann nicht gesprochen werden, da sowieso die Schlussverantwortung der politischen Entscheide bei der Gesellschaft liegt und auch ein Politiker weiterhin verantwortlich ist für seine Argumentation während einer Kampagne.

Selbstverständlich können auch in direkten Demokratien Fehlentscheide gefällt werden. Jedoch ist keine Institution je davon gefeit (auch eine repräsentativen Demokratie nicht) und sei sie noch so ausgeklügelt. Der Gesellschaftsvertrag kann jederzeit neu verhandelt und auch demokratiebewahrende, fehlentscheidverhindernde Institutionen können abgeschafft werden. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass populistische Argumente in Parlamenten wohl weniger verfangen, dafür aber monetäre Anreize bestehen, den Partikulärinteressen gewisser Gruppen übermässig Gewicht beizumessen. Somit kann höchstens noch davon gesprochen werden, dass das Volk andere Fehlentscheide fällt als das Parlament.

Reformen in der direkten Demokratie können länger dauern als in repräsentativen Demokratien. Dies ist nicht inhärent schlecht, da experimentelle, aufgezwungene und unpopuläre Reformen negative Effekte haben können. Vom Volk getragene und verstandene Reformpläne können dagegen schnell und effizient umgesetzt werden. Weiterhin bestehen in einer direkten Demokratie Instrumente, um wichtige Themen zur Sprache zu bringen, die sonst lange Zeit vernachlässigt würden.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die direkte Demokratie die richtigen Anreize für die Politiker bietet, sich gemäss ihrem Auftrag zu verhalten. Fehlentscheide des Parlamentes, ausgelöst durch Lobbyismus, können korrigiert werden. Weiterhin kann vom Volk eine Diskussion angerissen und dann über verschiedene Lösungsvorschläge abgestimmt werden. Durch die erhöhte Legitimität der Gesetze und Institutionen sind die Bürger weniger apathisch und - wie durch empirische Forschung erwiesen wurde - auch glücklicher. Dies wiegt die perzipierten Nachteile der direkten Demokratie mehr als auf.

samedi 10 juillet 2010

Motivation und Leistungslöhne - Pay for performance is a bad idea


Die Tendenz, Bezahlung gemäss Leistung vorher festzulegen, kann man als Generalisierung der Boni-Idee bezeichnen. Ein Bonus korreliert positiv mit der Leistung und beschreibt den Teil, der zusätzlich zum Fixgehalt bezahlt wird. Allerdings ist diese Handhabung nicht nur in der Bankbranche verbreitet, sondern genauso im öffentlichen Sektor sowie an Universitäten, bei Pfarrern und vielen mehr. Während die Leistungslöhne in Unternehmen als gloriose Idee gefeiert werden, weite Akzeptanz geniessen und somit nahezu überall eingeführt werden, präsentierte unser Dozent Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bruno S. Frey die Probleme, welche mit dieser "miserablen Idee" einhergehen:

Problem 1: Leistung ist schwer / unmöglich messbar.

Als Beispiel wurde die Messung der Leistung von Bankern anhand der Aktienkurse genannt. Andere Einflüsse als die Leistung des Bankers bestimmen den Aktienkurs stark mit. Der Wert einer Firma sollte sich im Aktienkurs spiegeln, dieser ist aber unter anderem nicht vor Manipulation gewappnet. Ausserdem wird die Leistung anhand der Erwartung gemessen. Ein 70-Millionen-Bonus von einem CS-Chef wird mit dem Aktienkurs begründet - aber relativ zu anderen Banken gemessen. Falls also der Aktienwert der UBS abstürzt, schiesst der Bonus des CS-CEO's in die Höhe. Einen Bonus kriegt man demzufolge oft eben nicht, weil man gut ist, sondern weniger schlecht als erwartet. Fliessbandarbeit hingegen liesse Leistung durchaus messbar werden. Die Einführung von Leistungslöhnen erhöht dort die Leistung, da sich die Mitarbeiter mehr Mühe geben. Es zeichnet sich dort jedoch ein Selektionseffekt ab: Leistungsfähige Mitarbeiter werden eingesetzt, weniger Leistungsfähige aussortiert. Wenn es jedoch brennt oder eine Überschwemmung kommt, ist niemand mehr für die Rettung der Maschinen zuständig, weil dafür kein Leistungslohn bezahlt wird: Der Schaden daraus ist gerade viel grösser als der Nutzen aus Leistungslöhnen.

Zudem stellt sich das Problem der ex ante-Festlegung der Leistungslöhne. Da der Leistungslohn obligatorisch an ein Leistungsziel gebunden ist, muss er vorher festgelegt werden, was die extrinsische zusätzliche Motivation ausmacht. Würden die leistungsabhängigen Zusatzeinkommen im Nachhinein festgelegt, bestünde die Gefahr des Rent Seeking eben nicht mehr: Ein Arbeiter könnte sich nicht mehr - unter Ausschaltung des Mitdenkens und der Flexibilität - nur noch um die Leistung kümmern, von der zusätzlicher Lohn abhängt.

Problem 2: Leistungslöhne unterminieren die intrinsische Motivation.

Wird ein Anreiz von aussen gesetzt, handelt man rein strategisch. Das uns allen bekannteste Beispiel ist das Bologna-System der Universitäten, bei dem nur noch Pünktchen gejagt werden anstatt nach Interesse studiert wird, was dem Konzept der Wissenschaft widerspricht. Wer nur des Diploms wegen studiert und eine praktische Berufsausbildung anstrebt, sollte an einer Fachhochschule studieren oder eine Lehre absolvieren. Die Verzerrung der Anreize führt zum Verlust des eigentlichen Interesses. -> Dazu mehr im Blog-Beitrag zu Bologna.

Ein weiteres Problem besteht in der fälschlichen Konzentration auf das Kriterium der Entlöhnung: Alle anderen Domänen werden vernachlässigt. Treten beispielsweise - wie oben schon erwähnt - in einer Firma unerwartete Ereignisse in einem nicht entlöhnten Bereich auf, ist dafür niemand zuständig und es kommt möglicherweise zu höchst problematischen Ausfällen.

Problem 3: Selektionseffekt (self-selection)

Leistungslöhne ziehen Personen mit hauptsächlich monetären Interessen an. Darunter könnte unter anderem die Vielfalt von Arbeitskräften leiden, was zu einer erheblichen Qualitätseinschränkung führt.

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Problem 4: Leistungslöhne führen zu Konflikten und Enttäuschungen.

Ein Bonus zum Fixlohn führt zu interpersonellen Vergleichen, welche sich unmittelbar auf Geld bzw. Einkommen beziehen. Das Problem besteht dabei in der Unvergleichbarkeit, da es keine objektive Antwort gibt. Wird der Bonus nicht gegeben, verliert das Unternehmen vielleicht mehr als es dadurch gewinnt, dass es den Bonus gibt.

Als Alternativen zu Leistungslöhnen wurden folgende Lösungsansätze präsentiert:

1. Fixlohn (Fixed Wages): Man bezahlt einen fixen anständigen Marktlohn; zusätzliche Forderungen werden nicht beachtet.
  • Zusätzlich belohnt wird im Nachhinein: So misst man die Leistung breiter und kann gegebenenfalls nachträgliche Lohnanpassungen vornehmen. Ex post kann man mit den gleichen Kriterien mehr messen, verhindert jedoch, dass die Leute nur in die eine Richtung rennen.
  • 360°-Beurteilung: ein Ganzheitsblick ist unerlässlich.
2. Auszeichnungen: Geld oder Anerkennung?
  • Zur Ausführung dieser Frage siehe den Beitrag zur "Rolle von Auszeichnungen".

vendredi 9 juillet 2010

Der erweiterte ökonomische Ansatz


Wie verhalten sich Menschen in einer Welt, in der Ressourcen knapp sind? Der ökonomische Ansatz beantwortet diese Frage anhand einer simplen Grundidee: Menschen reagieren systematisch auf Anreize, welche von Institutionen bestimmt werden. Im klassischen ökonomischen Modell wird der Mensch als homo oeconomicus beschrieben, welcher konstante Präferenzen hat, eigeninteressiert und rational handelt.

Diese Vereinfachung vernachlässigt gewisse irrationale Tendenzen mit denen individuelle Präferenzen geformt werden. Ausserdem ignoriert er allgemeine Verzerrungen mit denen Einschränkungen wahrgenommen werden. Beides führt zu empirischen Ungenauigkeiten. Deshalb plädieren wir für den verfeinerten, erweiterten ökonomischen Ansatz.

Der erweiterte ökonomische Ansatz integriert Erkenntnisse aus anderen Sozialwissenschaften, um das Verhalten des Menschen exakter zu beschreiben. Das Erstellen von Modellen wird somit komplexer und gleichzeitig empirisch korrekter.

Natürlich stösst auch diese Erweiterung auf Grenzen und kann keinesfalls das menschliche Verhalten mit seiner ganzen Komplexität beschreiben. Diese notwendige Vereinfachung wird oft kritisiert, da der Mensch komplex ist. Gerade deshalb sind wir jedoch der Meinung, dass vereinfachende Modellannahmen notwendig sind, um das menschliche Verhalten zu erfassen und aussagestarke Analysen zu führen.

Der vorgeschlagene ökonomische Ansatz ist keineswegs auf die Wirtschaft beschränkt. Er kann auf soziale und politische Gebiete ausgedehnt werden und so eine Brücke zwischen der Volkswirtschaftslehre und den Sozialwissenschaften schlagen. Damit bietet er eine innovative Perspektive, um Veränderungen in der Gesellschaft zu verstehen und um Lösungsansätze für gesellschaftliche Probleme zu suchen.

Öffentliche Güter


Öffentliche Güter zeichnen sich durch zwei Merkmale aus: 1. Von einem öffentlichen Gut kann niemand ausgeschlossen werden. 2. Bei öffentlichen Gütern gibt es keine Rivalität im Konsum, da diese durch erhöhten Konsum nicht stärker verbraucht werden, bzw. nicht in Teile teilbar sind.

Typische Beispiele für öffentliche Güter:

  • Leuchtturm: 1. Vom Licht des Leuchtturms kann kein Schiff, das Orientierung sucht, ausgeschlossen werden. 2. Das Licht des Leuchtturms wird dadurch nicht weniger, dass es von mehreren Schiffen zur Orientierung benutzt wird.

  • Weitere Beispiele: die Landesverteidigung, saubere Luft, das politisches Referendum, etc.

Grenzbeispiele, die nur jeweils ein Merkmal erfüllen, sind:

  • Allmendegut: Ein Allmendegut ist z.B. eine Wiese, die einer Gemeinde gehört und zur allseitigen Nutzung zur Verfügung steht (z.B. um dort Kühe weiden zu lassen). Hier ist nur das erste Merkmal, dass niemand (der zu dieser Gemeinde gehört) ausgeschlossen werden kann, erfüllt. Die Rivalität im Konsum besteht darin, dass keine unbegrenzte Zahl von Kühen zu einem Zeitpunkt auf der Wiese grasen kann, bzw. dass die Wiese einmal abgegrast sein wird.

  • Clubgut: z.B. Kunstgenuss im Kunstmuseum. Hier ist nur das zweite Merkmal, keine Rivalität im Konsum, erfüllt (unter der Bedingung, dass die Räumlichkeiten gross genug sind), da die Betrachtung durch zusätzliche Besucher das Kunstwerk nicht verändert. Hingegen wird das erste Kriterium, dass niemand ausgeschlossen werden kann, durch die Eintrittspreise und die abschirmende Funktion der Räumlichkeiten verletzt.

Private Güter, die keines der beiden Merkmale erfüllen sind:

  • ein Apfel, der eigene Computer, die gemietete Wohnung, der Platz in der Sommerakademie, etc.

Problem des Trittbrettfahrens:

Bei öffentlichen Gütern besteht das Problem, dass sie dem Einzelnen keinen Anreiz bieten, sich dafür einzusetzen, d.h. dafür Kosten aufzuwenden, da der Nutzen auch genossen werden kann, wenn selbst nichts beigesteuert wird. Oder anders auch: Wenn die anderen alle so denken und ich als einzige Person meine Kosten beitrage, wird mein Beitrag nutzlos sein, da er für die Erreichung des Ziels nicht genügt.

Öffentliche Güter haben somit auf dem Markt keine Chancen und müssen anders eingeführt und geregelt werden (wobei sich auch in der Politik das Problem ergibt, dass für den einzelnen Politiker mit begrenzter Redezeit wenig Anreiz besteht, sich diesen Fragen vorrangig zu widmen).

Terrorismusbekämpfung mit dem ökonomischen Ansatz


Wie bekämpft man wirkungsvoll den Terrorismus? Dies war die Frage, die wir uns gestellt haben. Unser Ziel war es, den Terrorismus aus einer ökonomischen Sicht zu durchleuchten und über die Veränderung der Kosten-Nutzen-Bilanz den Terrorismus einzudämmen.

Der Nutzen für eine terroristische Organisation ist unter anderem durch die Medienwirksamkeit und die Destabilisierung von gegebenen Institutionen gegeben. Die Kosten sind unter anderem die Gefahr, erwischt und bestraft zu werden.

In einem ersten Teil der Diskussion stellte sich heraus, dass die gängige Methode, mit der die Institutionen dem Terror begegnen, überhaupt nicht auf den Nutzen eines Terroranschlages eingeht und auch nicht explizit die Kosten im Visier hat.

Die heutigen Institutionen betrachten den Terroristen nicht als rational handelndes Wesen. Sie suchen gewisse Typen. Man hat die Vorstellung, dass Terroristen Verrückte seien. Aus dieser Sichtweise kann der ökonomische Ansatz gar nicht angewendet werden.

Es zeigt sich, dass es nicht einen Typ gibt, der zum Terroristen wird und dass wenn man aus der Sicht von Kosten und Nutzen den Terrorismus untersucht, sich der Terrorist sehr rational verhält. Er will grösstmögliche mediale Aufmerksamkeit unter möglichst niedrigen Kosten. Wird die Terrorverfolgung verstärkt, so professionalisiert sich die Terrororganisation und verstärkt den Zusammenhalt. Es wird also schwieriger von aussen Informationen über diese Organisation zu erhalten.

Im Folgenden wurden vier verschiedene Ansätze gezeigt, welche aus ökonomischer Sicht den Terrorismus eindämmen sollten. Dies sind:

  • Dezentralisierung (wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich): Der Nutzen eines Terroranschlages wird verringert, da durch einen Anschlag die Handlungs- und Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft weniger stark in Mitleidenschaft gezogen werden.

  • Positive Anreize setzen (Gegenteil von Bestrafung): Man versucht, Terroristen in die Gesellschaft wieder einzugliedern. Dadurch kann ein Anreiz bestehen, andere Terroristen zu verraten, wobei die Kosten sehr gering sind.

  • Schnelle Wiederherstellung der Normalsituation: Dadurch kann die Wirkung eines Terroranschlages verringert werden, da der Anschlag nicht eine lang andauernde sichtbare Wirkung hat.

  • Keine direkten Schuldzuweisungen: Die Terrororganisation will auch für die Tat verantwortlich gemacht werden, damit sie und ihre Ziele bekannt werden. Zieht man mehrere Terrororganisationen in Betracht, so ist die Aufmerksamkeit auf mehrere Organisationen verteilt. Hilfreich ist dabei die Unschuldsvermutung.

Ein nicht zu leugnendes Problem dieser Ansätze ist, dass die Politik keinen Nutzen in der Anwendung dieser Ansätze hat. Diese sind langfristig und können beim Volk auf Unverständnis stossen.

9 Thesen/Fragen zu Europa und zum EU-Beitritt der Schweiz


Soll die Schweiz der Europäischen Union beitreten? Auf Anregung unserer Dozierenden, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bruno S. Frey sowie Prof. Dr. Reiner Eichenberger, gilt es als Abschluss der Sommerakademie der Schweizerischen Studienstiftung in Magliaso folgende Thesen kontrovers zu diskutieren, bzw. folgende Fragen zu beantworten:
  1. Ein Eintritt der Schweiz in die EU erhöht unsere Mitspracherechte und erhöht damit unsere Gestaltungsmöglichkeiten.

  2. Das Schicksal des Euros ist das Schicksal Europas.

  3. Es darf nicht sein, dass unser Wohlstand aus Rosinenpicken besteht; deshalb müssen wir der EU beitreten.

  4. Ein EU-Beitritt liegt im wirtschaftlichen Interesse der Schweiz.

  5. Es gibt langfristig keine realistische Alternative zur EU.

  6. Was sind die wirtschaftlichen Argumente für einen Eintritt in die EU?

  7. Ein autonomer Nachvollzug ist schlimmer als ein EU-Beitritt.

  8. Der Euro als Einheitswährung bringt allen Mitgliedsländern Vorteile.

  9. Die Schweiz ist das europäischste aller Länder.


jeudi 8 juillet 2010

L'argent ne fait pas le bonheur, mais...

« L'argent ne fait pas le bonheur, mais il y contribue ». Bien souvent rejetée, cette relation entre argent et bonheur est le sujet d’une conférence du professeur Bruno S. Frey. Il s’agit d’analyser de manière objective la pertinence de cette dernière.

Les riches sont-ils plus heureux que les pauvres ? D’après de récentes études statistiques, la relation entre revenu et satisfaction revêtirait un caractère positif. Un revenu élevé offre en effet un catalogue de choix plus large à son détenteur et lui confère un statut social supérieur. Toutefois, cette relation se révèle non linéaire. La concavité de la courbe révèle alors l’utilité marginale décroissante d’un supplément d’argent en termes de satisfaction supplémentaire. Pour expliquer ce phénomène, une première possibilité tient au besoin de comparaison des individus. Ces derniers sont ainsi plus heureux dès lors qu’ils améliorent leurs conditions financières relativement à leurs congénères. Un enrichissement global de la population n’apporte ainsi aucun gain en termes de bonheur. Il s’agit donc de considérer l’argent d’un point de vue relatif et non absolu.

Précisons que l’analyse conduite ci-dessus s’effectue ceteris paribus, c'est-à-dire en maintenant constantes les autres variables à l’exception du revenu. En considérant un horizon temporel, la relation est radicalement différente puisque l’état de satisfaction des individus demeure constant depuis les années 50. Cette observation peut paraître surprenante au premier abord puisque les revenus ont fortement progressé au cours de la même période. Pour illustration, le PIB japonais a été multiplié par 6 entre 1958 et 1991. L’explication relative à un changement de population peut être écartée grâce aux méthodes statistiques conduites. De plus, si certains pays (Danemark, Italie, Allemagne) ont connu une faible relation positive, d’autres études font apparaître une relation faiblement négative pour les Etats-Unis. Une explication possible tient au processus d’ajustement conduit par les individus. La satisfaction réside ainsi dans le changement. Comme ce dernier n’est que transitoire, le gain marginal disparaît par la suite. La consommation de biens et services supplémentaire ne saurait dès lors contribuer à un accroissement continu de l’état de satisfaction lié à son existence.

Qu’en est-il de l’état de satisfaction à travers le monde ? Toutes choses égales par ailleurs, il apparaît que les individus vivant au sein de pays plus riches expérimentent un état de satisfaction supérieur relativement à leurs congénères économiquement moins performants. Toutefois, la relation positive s’éteint progressivement à l’approche d’un certain seuil (10'000$ environ). Plusieurs questions méritent toutefois d’être soulevées, principalement dans le domaine des statistiques. Ainsi, les pays avancés d’un point de vue économique possèdent des institutions démocratiques dotées d’une plus grande stabilité. De même, plus la richesse augmente, plus l’état de santé de la population s’améliore. Une analyse similaire peut être conduite à propos de la sécurité des droits fondamentaux de l’être humain. Ces variables cachées doivent ainsi impérativement être prises en considération dans l’optique d’obtenir des conclusions fiables. Dans un même registre, la question de la causalité entre argent et bonheur mérite un approfondissement. En effet, il nous est permis d’imaginer qu’une population plus heureuse sera plus encline à travailler et ce de manière plus efficace.

La recette du bonheur ne se laisse cependant pas représenter au travers d’une simple régression linéaire multiple. De nombreuses variables et interactions entre ces dernières existent en effet, conduisant à l’explication d’une infime partie de la variance observée. L’analyse ceteris paribus permet cependant d’étudier l’influence de certaines variables importantes dans les discussions conduites actuellement au sein de nos sociétés. L’expérience du chômage se révèle ainsi catastrophique du point de vue de l’état de satisfaction des individus. Celle-ci est toutefois aplanie par les phénomènes de masse. En effet, le fait que d’autres individus soient placés dans les mêmes conditions apporte un certain réconfort. A nouveau, l’étude du sens de la causalité mérite réflexion. Une personne malheureuse est en effet susceptible de faire preuve d’une motivation inférieure au travail, augmentant la probabilité d’un licenciement. A nouveau, les méthodes utilisées par les chercheurs conduisent au rejet de cette dernière hypothèse.

Qu’en est-il des différences culturelles ? S’il est vrai que le bonheur ne s’exprime pas de la même façon au sein de toutes les cultures, l’effet marginal de la variation d’une variable exerce un effet dans une direction similaire (l’importance de l’effet étant différente). Ce phénomène oblige cependant à faire preuve de prudence dans les comparaisons effectuées.

En définitive, précisons que les observations présentées ci-dessus visent à une meilleure compréhension des variables actuelles permettant d’expliquer le bonheur. Il ne s’agit en aucun de fournir une quelconque recette du bonheur. Comme précisé antérieurement, les analyses présentées sont conduites ceteris paribus alors que la quête du bonheur requiert la combinaison de l’ensemble des variables déterminantes. Le nombre d’enfants, les années d’études ou le cercle d’amis, toutes ces variables sont également déterminantes lors de la définition de l’état de satisfaction d’un individu. Le bonheur se révèle ainsi avant tout une question personnelle, à laquelle chacun tente jour après jour de trouver une réponse meilleure que la veille.

„Alles Käse“ - Eine kurze Polemik wider den „ökonomischen Ansatz“


Die Ausgangsthese ist so simpel wie einleuchtend: Menschen verhalten sich rational zwecks persönlicher Nutzenmaximierung und reagieren auf relative Preiseffekte. Damit lässt sich, so der „ökonomische Ansatz“, nicht bloß wirtschaftliches Verhalten im engeren Sinne, sondern menschliches Verhalten überhaupt erklären. Die Eingangsthese ist näher betrachtet also nicht das Mantra der orthodoxen Ökonomie, sondern der Sozialwissenschaft(en): „Ökonomie ist Sozialwissenschaft“ und – vor allem! – „Sozialwissenschaft ist Ökonomie“. Dass diese Erkenntnis in den Nachbarwissenschaften auf Widerstand trifft, scheint den ökonomischen Ansatz nur zu bestätigen: Wer will schon seinen Lehrstuhl überflüssig schimpfen? Die Anreize sind evident.

Doch die Wirklichkeit ist komplizierter. Es gelingt dem ökonomischen Ansatz in beeindruckender Weise, beobachtete Effekte nachträglich zu erklären. Es findet sich für jedes Verhalten irgendein – in der Definition sehr flexibler – Nutzen, der ein Verhalten rational und somit ökonomisch erscheinen lässt. Was sich partout nicht in das System einfügen lässt, wird kurzerhand zur vernachlässigbaren Anomalie erklärt. So wirkt im Nachhinein alles kohärent, logisch und rational, ja geradezu zwingend. Diese Annahme steht jedoch im Widerspruch zu den Erkenntnissen der modernen (naturwissenschaftlichen) Verhaltensforschung: Menschen handeln zwar meistens rational, aber viel zu häufig unvernünftig, um dies zu ignorieren. Zudem leiden die nachträglichen Erklärungsversuche regelmäßig an einem Rückschaufehler (sog. hindsight bias). Man wählt aus den unzähligen möglichen Parametern einfach diejenigen aus, die die Theorie ökonomisch rationalen Verhaltens stützen, um selbige so zu beweisen. Eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Idealerweise lässt sich auch noch eine Formel entwickeln, um das beobachtete Phänomen abstrakt zu beschreiben. In dieser „Mathematisierung“ der ökonomischen Analyse besteht indes eine weitere Gefahr: Zahlen lügen nicht, verfolgen keine Partikularinteressen und sind gegen politische Einflussnahme immun. Darüber darf jedoch nicht vergessen werden, dass – wie soeben ausgeführt – auch jedem ökonomischen Modell Annahmen zugrunde liegen, die zwar nicht willkürlich, aber auch nicht per se wahr und richtig und erst recht nicht frei von Wertungen sind. Die Mathematisierung hingegen dient der Behauptung objektiver Wahrheit. Ein Versprechen, dass die Ökonomie einzulösen schuldig bleibt. Vielmehr ist dies Schild und Schwert des „ökonomischem Imperialismus“, gegen den sich die Nachbarwissenschaften zu Recht erwehren.

Was bleibt also? Die Ökonomie eignet sich hervorragend, um im eigentlichen Sinne wirtschaftliches Verhalten von Menschen zu erklären. Die behauptete Allgemeingültigkeit kann sie hingegen nicht beanspruchen. Ökonomie ist Ökonomie. Und Sozialwissenschaft Sozialwissenschaft.

Democratic Governance for a Globalised World


Dans leur article " Democratic Governance for a Globalized World ", les professeurs Eichenberger et Frey firent le constat que les structures fixes de notre démocratie étaient incompatibles avec la globalisation et sa dynamique. Afin de pallier à ce problème, ils élaborèrent trois propositions qui, selon eux, résoudraient ce problème en rendant nos démocraties plus flexibles.

La première proposition "élargit le concept de citoyenneté aux institutions non-étatiques". Un individu pourrait ainsi avoir la citoyenneté d'une organisation non-gouvernementale comme la Croix Rouge. La vertu civique de l'individu se verrait ainsi renforcée. La deuxième proposition vise la flexibilité des institutions politiques par un système dénommé Functional Overlapping Competing Jurisdictions (FOCJ). Le principe est le suivant: au lieu de définir les tâches de l'état (protection, éducation, santé...) par zone géographique, ces tâches seraient réparties par unités fonctionnelles, avec des délimitations géographiques changeantes. Elles seraient en compétition, pourraient se superposer et ainsi résoudraient le problème d'externalité et de biens publics. (Pour en découvrir plus sur ces propositions, voir l'article mentionné ci-dessus.)

La troisième proposition qui attire ici toute mon attention est une dérégulation du métier de politicien. Les auteurs proposent en effet que la fonction de politicien soit ouverte aux étrangers, résidents ou non, qu'elle soit rémunérée selon un processus de marché et que les organisations et non plus seulement les individus puissent se porter candidates. Par exemple, un Valaisan pourrait se porter candidat à Genève puis partir pour Zurich là où il aurait été engagé pour un salaire plus élevé. Les auteurs prétendent que cette dérégulation aura pour effet d'augmenter le nombre de candidats et donc via un processus de concurrence d'améliorer leur qualité. De plus, si des organisations se portent candidates dans plusieurs villes, elles auront l'obligation de s'en tenir à leurs promesses puisqu'une mauvaise publicité aura des effets sur toutes ses campagnes. Elles devront donc développer une réputation internationale. En outre, selon une recherche empirique, l'augmentation du revenu explicite des politiciens cannibalise leur revenu implicite et donc on pourrait observer une réduction de la corruption. On pourrait également craindre une fuite des cerveaux vers les pays riches puisque les rémunérations y seront les plus élevées. Pourtant, les politiciens auront au contraire intérêt à se rendre dans les pays pauvres, là où il y a souvent beaucoup plus à faire et de nombreuses opportunités accroissant de ce fait leur réputation.

Ces avantages apparents ont cependant rencontré de nombreuses oppositions de notre côté. Voici une liste non-exhaustive des problèmes que nous avons soulevés:
  • mauvaises incitations pour les politiciens de fusionner des communes pour obtenir plus de moyens
  • polarisation de la politique comme en Suisse où les régions périphériques pourraient être lésées
  • Incitation des politiciens à appliquer des politiques populaires de court terme en omettant le bien-être à long terme
  • Effet de cannibalisation de la rémunération des politiciens qui saperaient la motivation intrinsèque et donc l'esprit civique (vous noterez que ce point contredit ce qui est prétendu par les auteurs)

La discussion-débat aura lieu tout à l'heure. Cette troisième proposition est celle qui nous a le plus partagés puisque 10 personnes l'approuvèrent alors que .... 10 la réfutèrent ! Et vous ?
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Eichenberger, Reiner and Bruno S.Frey (2002). Democratic Governance for a Globalised World. Kyklos 55: 265-287 (2002).

mercredi 7 juillet 2010

Der ökonomische Ansatz und seine natürlichen Grenzen

In Ökonomie ist Sozialwissenschaft beschreibt Bruno S. Frey den Menschen als grundsätzlich rationales Wesen, welches innerhalb seines so genannt ipsativen Möglichkeitsraumes seinen Nutzen zu maximieren versucht. Dieser homo oeconomicus reagiert auf Anreize, die durch seine Präferenzen und seine Einschränkungen, die durch Institutionen vermittelt sind und ihrerseits den Möglichkeitsraum bestimmen, geschaffen werden. Im Zentrum des ökonomischen Ansatzes ist somit weder die Gruppe oder gar die Gesellschaft, der Betrachtungsgegenstand liegt aber auch nicht auf der subpersonalen Ebene, sondern es wird von einem methodologischen Individualismus ausgegangen, der primär den einzelnen Handelnden im Blickfeld hat. Frey beschreibt überzeugend, wie dieser Ansatz für viele Fragestellungen der Sozial- und sogar der Geisteswissenschaften fruchtbar gemacht werden kann. Zugleich schliesst Frey nicht aus, dass auch andere Disziplinen zu einem Erkenntnisgewinn führen können. Ausserdem weist er darauf hin, dass die Erkenntnisse der Verhaltenspsychologie in der Tradition von Simon und Kahneman und Tversky von der Ökonomie berücksichtigt werden müssen.

In den zwanzig Jahren seit Erscheinen von Freys Buch haben sich verschiedene Disziplinen entwickelt, von denen ich mich frage, ob sie von der Ökonomie berücksichtigt werden müssen, ob sie mit dem ökonomischen Ansatz synthetisiert werden können, oder ob sie sogar die Grenzen dieses Ansatzes aufzeigen.

So zeigen etwa die Verhaltensökonomie und experimentelle Spieltheorie, dass viele Menschen sich in vereinfachten Marktsituationen kooperativer Verhalten, als dies die Modelle der Eigennutzmaximierung und des reziproken Altruismus erklären können. Seien es die von Ernst Fehr und Klaus Schmidt postulierten „sozialen Präferenzen“ oder sei es das jüngst von James Woodward im Detail herausgearbeitete Konzept der „conditional cooperation“ – haben wir hier ein Phänomen, welches explanatorisch noch grundlegender ist als das Konzept des homo oeconomicus? Widersprechen diese Phänomene dem ökonomischen Ansatz sogar? Ähnliche Fragen stellen sich bei der Forschung der jüngsten Ökonomie-Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom, die in einem natürlichen Setting zu ähnlichen Befunden wie die Verhaltensökonomen kommt.

Eine der Verhaltensökonomie komplementäre Herangehensweise an die Frage nach den Grundlagen menschlicher Kooperation findet sich beim Primaten- und Kleinkindforscher Michael Tomasello. Mit Rückgriff auf das von den philosophischen Handlungstheoretiker Margaret Gilbert und John Searle mitentwickelte Konzept der „shared agency“ behauptet Tomasello, dass es die Fähigkeit zur Festsetzung gemeinsamer Handlungsziele und die Erkenntnis der Intentionen anderer sind, die die Einzigartigkeit des Menschen im Tierreich ausmacht und die Voraussetzung nicht nur der sozialen und kooperativen Elemente des menschlichen Zusammenlebens ist, sondern auch der menschlichen Sprach- und Kulturfähigkeit. Im Lichte einer kritischen Beurteilung des ökonomischen Ansatzes und dessen methodologischen Individualismus stellt sich für mich die Frage, ob Gemeinschaftshandlungen jeglicher Art von dem individualistischen Ansatz der Ökonomie ohne Rückgriff auf die evolutionsbiologische Phylogenie des Menschen einerseits und soziale Normen als konstitutive Elemente des Handelns (anstatt der Handlungseinschränkungen) vollständig erfasst werden können. Ich bin geneigt, die Frage zu verneinen. Deshalb vermute ich, dass neben der philosophischen Handlungstheorie und dem Werk Tomasellos möglicherweise auch die kognitionswissenschaftlichen Debatten zu unserer Fähigkeit, fremde Intentionen zu erkennen, und somit die Diskussionen zwischen der von Alison Gopnik vertretenen „theory theory“ und der von Vittorio Gallese und Alvin Goldman vertretenen „simulation theory“ in ein umfassendes Bild des menschlichen Sozialverhaltens integriert werden müssen.

Literatur:

Fehr, Ernst und Klaus M. Schmidt. 1999. „A Theory Of Fairness, Competition, and Cooperation“, in: The Quarterly Journal of Economics 114 (3), pp. 817-868.

Frey, Bruno S. 1990. Ökonomie ist Sozialwissenschaft, München (Franz Vahlen).

Gallese, Vittorio und Alvin Goldman. 1998. „Mirror Neurons and the Simulation Theory of Mind-Reading“, in: Trends in Cognitive Sciences 2 (12), pp. 493-501.

Gilbert, Margaret. 1989. On Social Facts, Princeton (Princeton University Press).

Gopnik, Alison und Henry M. Wellman. 1992. „Why the Child's Theory of Mind Really Is a Theory“ in: Mind and Language 7, pp. 145-71.

Ostrom, Elinor. 1990. Governing the Commons. The Evolution of Institutions for Collective Action, Cambridge (Cambridge University Press).

Searle, John R. 1995. The Construction of Social Reality, New York (Free Press).

Tomasello, Michael. 1999. The Cultural Origins of Human Cognition, Cambridge, Mass. (Harvard University Press).

Tomasello, Michael. 2009. Why We Cooperate, Cambridge, Mass. (MIT Press).

Woodward, James. 2009. „Why Do People Cooperate as Much as They Do?“, in C. Mantzavinos (Hg.): Philosophy of the Social Sciences. Philosophical Theory and Scientific Practice, Cambridge (Cambridge University Press), pp. 219-266.